Spiele ohne Zuschauer sind für IOC-Chef Bach keine Option

25.05.2020, 16:59Uhr

Vor wenigen Tagen erst erklärte Thomas Bach der Sportwelt, dass es wegen möglicher Sparmaßnahmen für den neuen Termin der Olympischen Spiele in Tokio im Jahr 2021 wohl keine Denkverbote geben werde. Schließlich sei die Nutzung des Athletendorfes nach der Verschiebung um ein Jahr aufgrund der Coronavirus-Pandemie bislang ebenso wenig geklärt wie bei einigen Sportstätten. Nun stellte der Präsident des Internationalen Komitees (IOC) in der britischen BBC aber auch klar, dass zumindest die Durchführung ohne Zuschauer für Olympia 2021 bislang keine ernsthafte Option ist. Geisterspiele in Tokio seien „nicht das, was wir wollen“, so Bach.

Geisterspiele in Tokio© Tokyo Metropolitan Government

Angesichts des weltweit sehr unterschiedlichen Pandemie-Verlaufs bleibt der Wirtschaftsanwalt („Wir müssen uns auf unterschiedliche Szenarien vorbereiten“) mit seinen Prognosen ansonsten vorsichtig. Er verweist aber auch auf den Kostenfaktor. „Man kann nicht 3.000 bis 5.000 Leute in einem Organisationskomitee für immer anstellen. Man kann nicht jedes Jahr den kompletten Sportkalender aller großen Verbände ändern. Und man kann die Athleten nicht im Ungewissen lassen“, erklärte Bach. Er habe deswegen Verständnis für Japans Wunsch, das Zeitfenster für eine Verschiebung bis maximal nächsten Sommer einzugrenzen.

Der Geist Olympia leidet, wenn man die Fans nicht im Stadion vereinen kann

Wie die weltweite Lage sich bis dahin darstellt, ist derzeit allerdings kaum abzusehen. Joan Coates spricht als Leiter der IOC-Koordinationskommission deswegen von „echten Problemen“ bei den Planung für 2021: „Wir können nicht noch einmal verschieben, und wir müssen davon ausgehen, dass es keinen Impfstoff oder nicht genug davon geben wird, um ihn auf der ganzen Welt zu verteilen“, sagte Coates. Keiner wisse daher heute, ob man das Athletendorf dann unter Quarantäne stellen oder vielleicht die Zuschauerzahl beschränken muss.

Eine Beschränkung der Zuschauerzahl scheint demnach denkbar, Geisterspiele ohne Zuschauer wie derzeit in der Fußball-Bundesliga dagegen nicht.

„Der Olympische Geist beruht auch darauf, die Fans zu vereinen. Dass Fans aus aller Welt gemeinsam in einem olympischen Stadion sind, macht die Spiele so einzigartig“, betonte Bach

Mal ganz abgesehen davon, dass ohne Zuschauereinnahmen der riesige Aufwand noch schwerer  gegenzufinanzieren wäre.

Das IOC wird die Entwicklung daher ganz genau verfolgen müssen. „Wenn wir einen klaren Blick darauf haben, wie die Welt am 23. Juli 2021 aussehen wird, dann werden wir die angemessenen Entscheidungen treffen“, versprach Bach. „Sollte es wirklich zu einer Entscheidung kommen müssen… Ich würde bitten, dass man mir mehr Zeit gibt für Rücksprachen mit den Athleten, der Weltgesundheitsorganisation WHO und den japanischen Partnern.“  Viele Athlet*innen hatten in diesem Frühjahr schon auf die Verschiebung gedrängt, bei wenig veränderter Sachlage würden sie sicher auch eine Absage verstehen. Denn die Spiele können nunmal ja nur in einer sicheren Umgebung für alle Teilnehmer*innen stattfinden.

Studie zum Coronavirus durch die Sporthochschule Köln

Die Auswirkungen einer Covid-19-Erkrankung auf Leistungssportler*innen ist noch gar nicht erforscht. Das will die Sporthochschule Köln ändern. Ab Juni startet ein Studienprojekt des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin, das die Folgen einer überstanden Infektion bei Kaderathlet*innen untersucht. In Zusammenarbeit mit dem Olympiastützpunkt NRW/Rheinland soll im Rahmen der sportmedizinischen Kaderuntersuchungen zur Sporttauglichkeit routinemäßig der Covid-19-Antikörperstatus erhoben werden. „Wir können bei Athletinnen und Athleten, die an die Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit gehen, wie durch ein Brennglas beobachten, ob und welche medizinischen Folgen bei COVID-19 auftreten können“, sagte Institutsleiter Professor Dr. Hans-Georg Predel. „Wir möchten damit unserer ärztlichen Verantwortung für die von uns betreuten Athletinnen und Athleten gerecht werden.“ Derzeit werden im Institut jährlich rund 900 Sportlerinnen und Sportler untersucht. Die Testungen sind zunächst bis zu den Olympischen Sommerspielen in Tokio 2021 geplant.

Bach hofft, dass nach dem Fußball auch andere Sportarten zurückkommen

Als kleines Zeichen der Hoffnung wertete Bach die Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der Fußball-Bundesliga trotzdem. „Ich wünsche mir, dass jetzt auch die anderen Sportarten zurückkommen. Ich hoffe, dass dies der erste Schritt ist. Sport hat wie jeder in der Gesellschaft die Regeln zu respektieren. Aber vielleicht können wir langsam zurückkommen und auf verantwortliche Art diese Restriktionen lockern.“ Dann wären auch Geisterspiele in Tokio kein Thema mehr.